So entwickelt sich Recruiting in 2018 - Interview mit Tim Verhoeven

Unser Interviewpartner Tim Verhoeven ist Leiter Recruiting und Personalmarketing bei BearingPoint und blickt auf mehr als 10 Jahre Expertise im Recruiting zurück, u.a. bei Vodafone, der TKN AG und der Weidmüller Gruppe. Er gehört zu den ausgewiesenen Experten in den Bereichen Analytics und Candidate Experience innerhalb des Recruitings und ist in den Themen auch als Autor, Speaker, Dozent und Blogger unterwegs. Seinen Blog finden Sie hier.

Die Recruiting-Welt befindet sich im Wandel – diese Erkenntnis ist nicht wirklich neu. Aber welche Trends beeinflussen den Markt im Jahr 2018? Welche Rolle spielen datenbasierte Recruiting-Strategien? Und wie kann man sich erfolgreich am Markt differenzieren? Auf diese Fragen antwortet Tim Verhoeven, Leiter Recruiting und Personalmarketing für Zentraleuropa bei BearingPoint, im Interview mit VONQ.

VONQ: Tim, welche Top 3 Trends siehst du im Recruiting in den kommenden 12 Monaten und kannst du dazu etwas mehr erzählen?

Tim: Das übergreifende Thema wird alles im Kontext von „Data Driven Recruiting“ sein. Darunter fallen dann für mich drei Sub-Themen, die alle den Markt prägen werden in diesem Jahr.

„Daten Verständnis“: Wie schaffe ich es, in meiner Recruiting-Organisation Awareness und Kompetenz aufzubauen, um mich diesem Thema zu nähern. Es gibt viel zu wenig Trainings, Weiterbildungen und Best Practices, um einen Recruiter in die Lage zu versetzen, sich adäquat mit Daten zu beschäftigen. In welchen Stellenanzeigen für Recruiter steht schon drin, dass statistisches Know-How, Python-Kenntnisse oder Tableau-Grundlagen wünschenswert wären?

Das zweite Thema ist „Data-Analytics“: Hier kommen langsam aber sicher mehr Anbieter wie die Firma HRI auf den Markt, die Recruiting-Bereichen helfen, vernünftig Daten zu tracken, zu systematisieren und qualitativ zu betrachten.

Und ob man es mag oder nicht – das Thema „Datenschutz“ ist nicht zuletzt durch die neue Datenschutzverordnung auch ein prägendes Element in diesem Jahr.

VONQ: Wie kann man sich als Unternehmen im Bereich Recruitment am Markt heute unterscheiden? Fallen dir konkrete Beispiele einer besonders ansprechenden Strategie ein?

Tim: Recruiting-Alltag ist aus meiner Sicht Projektgeschäft und da gilt die alte Weisheit – jeder Fehler, den du am Anfang machst, fällt dir hinten mehrfach auf die Füße. Am Anfang muss man sich als Bereich erst einmal damit beschäftigen, wen ich denn überhaupt suche. Meist beschränkt sich die Beschreibung des passenden Kandidaten auf die fachlichen Skills – aber man muss den Menschen als Ganzes betrachten. Was sind Treiber bei solchen Kandidaten, was sind Bedürfnisse, wie ist das Mediennutzungsverhalten etc. Dann bin ich in der Lage, ein Angebot individuell zugeschnitten auf den jeweiligen potenziellen Bewerber zu erstellen. Erfahrungsgemäß gibt es hier noch extrem viel Potenzial nach oben.

VONQ: Welche Rolle spielt in dieser Strategie die Auswahl der richtigen Partner / Dienstleister?

Tim: Ohne verlässliche Partner sind solche zielgerichteten Maßnahmen nicht möglich. Viele Dienstleister haben ein so großes Know-How, dass es fahrlässig wäre, wenn man diese nicht nutzen würde. Es gibt mittlerweile für jedes Bedürfnis den passenden Dienstleister. Möchte ich meine Stellenbörsen besser bewerten, nehme ich einen Analytics-Dienstleister. Ist händischer Workload das Problem, dann suche ich mir einen Automatisierungs-Dienstleister, etc. Hier sollte man seine Dienstleister jedoch entsprechend fachlich challengen – denn es gibt leider auch viele Dampfplauderer auf dem Markt. Ein kleiner Tipp: One-fits-all-Lösungen klappen so gut wie nie – also suchen Sie sich Dienstleister, die in der Lage sind, der Komplexität Ihrer Anforderungen gerecht zu werden.

VONQ: Es gibt unzählige Wege, Spitzentalente in einem bestimmten Fachgebiet zu erreichen (z.B. Searching, Active Sourcing, Job Marketing, Recruiting Marketing & Recruitment Marketing Automation, Optimierung der Candidate Journey & Employer Brand uvm.). Welcher ist Deiner Meinung nach entscheidend?

Tim: Hier kann ich nur auf meine Antwort auf Frage 2 referenzieren. Jede Zielgruppe benötigt eine individuelle Strategie. Jeder Touchpoint muss auf Bewerber abgestimmt werden, von der Wahl des Kanals über die Headline und den Bewerbungs- bis zum Auswahlprozess. So lange es bei den meisten Unternehmen mehr Stolpersteine als positive Erlebnisse gibt, gibt es genug Optimierungspotenziale.

VONQ: Wolfgang Brickwedde hat in seinen Recruiting Trends 2018 angegeben, dass die Themen Personalabbau (-81%) und Data Driven Recruiting (-11%) an Wichtigkeit verloren haben. Data Driven Recruiting und Roboter Recruiting (Nutzung von AI-Algorithmen und Big Data) werden hingegen im Moment nur gehyped – dabei hält nur ca. jedes fünfte Unternehmen diese beiden Themen für wichtig. Wie ist dein Blick auf die Dinge?

Tim: Wir hinken hier in einigen relevanten Themen meilenweit hinterher im Recruiting. Das Thema „Data Driven Recruiting“ ist für viele noch viel zu weit weg. Das zeigt auch die Tatsache, dass bei der Umfrage von Wolfgang bei der Frage „Nutzung von Recruiting Technologie“ die Möglichkeit „Analytics Lösungen“ (o.ä.) überhaupt nicht vorkam. Mehr als 70 % geben an, ein ATS zu nutzen – also wäre die grundsätzliche Möglichkeit gegeben. Wie will ich denn „Personalaufbau“ (das wichtigste Thema der Studie) ermöglichen, wenn ich die Qualität meiner Maßnahmen nicht messen kann? Hier werden diejenigen Firmen einen großen Wettbewerbsvorteil haben, die in der Lage sein werden, zu messen, welche Maßnahmen wie erfolgreich sind.

VONQ: Welche Rolle wird Technologie in der Zukunft des Recruitings deiner Meinung nach spielen?

Tim: Da ein Großteil aller Recruiting-Maßnahmen heutzutage digital stattfindet (oder zumindest abgebildet ist), ist es natürlich naheliegend, dass man hier ergänzende Technologien nutzt, um den Prozess sowohl für Bewerber als auch Recruiter so smart wie möglich zu gestalten. CV-Parsing, Analytics, Surveys, Tracking, Predictive – es gibt so viele sinnvolle technologische Erweiterungen für ein effizienteres oder effektiveres Recruiting. Vielleicht liegt auch hierbei der Ursprung des Problems, dass viele dieser tollen Technologien noch nicht genutzt werden – es ist innerhalb kurzer Zeit sehr viel Neues auf den Markt gekommen, was mit dem bisherigen Wissensstand für viele Recruiter nicht automatisch inhaltlich komplett zu durchdringen ist.

VONQ: Wie ist dein Feedback zur Funktionalität und Usability zu VONQ Job Marketing?

Tim: Job Marketing bietet einen guten Überblick, um die richtigen Maßnahmen zu finden, um Bewerber anzuziehen. Insbesondere, wenn man noch kein eigenes Datenmaterial hat, sind die Empfehlungen umso wertvoller, um evidenzbasierte Entscheidungen treffen zu können – anstatt sich blind auf das eigene Bauchgefühl zu verlassen.

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VONQ