Wie man 20-30 % seiner Online-Recruiting Kosten einsparen kann
Autor: Wolfgang Brickwedde
Über den Gastblogger:
Wolfgang Brickwedde ist Leiter des Institute for Competitive Recruiting (ICR). Das ICR unterstützt und berät Unternehmen bei der Verbesserung der Ergebnisse ihrer Recruitingprozesse. Bis Ende 2009 verantwortete Wolfgang Brickwedde bei SAP die Personalbeschaffung und das operative Personalmarketing in der Region EMEA. Vor seiner Zeit bei SAP war Wolfgang Brickwedde bei Royal Philips Electronics in unterschiedlichen Management Funktionen in den Bereichen Employer Branding, Recruitment und Management Development für verschiedene Länder verantwortlich.
Die Kunst, das Recruiting-Budget zielgerichteter und effizienter einzusetzen
Wäre es nicht schön, wenn man mehr für sein „Recruiting-Geld“ bekommen würde und das Budget so einsetzen könnte, dass die gesuchte Zielgruppe zielsicherer erreicht wird?
Hört sich doch erstmal gut an, oder? Aber vielleicht zu gut, um wahr zu sein? Oder schon machbar? Keine Sorge, es ist möglich, wie Beispiele von fortgeschrittenen Arbeitgebern zeigen.
Die Realität in der Erfolgsmessung im „Online-Recruiting“
Schauen wir uns zunächst einmal die Realität für die meisten Arbeitgeber an. Hier scheint das Prinzip „Bertha Benz“ vorherrschend zu sein. Wer war nochmal Bertha Benz?
Bertha Benz war eine sehr mutige Frau und gilt als die erste Autofahrerin. Sie fuhr mit Ihren zwei kleinen Söhnen 1888 ganze 106 km von Mannheim nach Pforzheim. Was ist jetzt dabei das Prinzip „Bertha Benz“? Nun Bertha Benz wollte von A nach B und nutzte dazu ein Mittel, das Auto. Genauer gesagt den Benz Patent-Motorwagen Nummer 3.
Und, fällt Ihnen was auf? Wie wurde dieses Auto gesteuert? Wie navigiert? Woher wusste Bertha Benz, ob noch genug Benzin im Tank war (Sie hat einmal an der ersten „Tankstelle“ der Welt – eine Apotheke in Wiesloch – gehalten und Benzin gekauft), wie weit sie schon gekommen ist, wie schnell sie fuhr etc. konnte sie alles nicht wissen, da sie noch kein Cockpit hatte, was in den heutigen Modellen des Anbieters Standard ist.
Was hat das mit Recruiting zu tun? Nun, mir kommt es manchmal vor, als wenn im Recruiting noch immer nach einem ähnlichen Prinzip vorgegangen wird, dem Prinzip Blindflug.
Dabei ist auch Recruiting eine Reise von A nach B = geplante Einstellungen im jeweiligen Jahr. Der Weg dahin mag steinig sein, aber dennoch gilt es, geschickt zu navigieren, um die verfügbaren Resourcen effektiv und effizient einzusetzen. Für eine gute Navigation benötigte man ein Cockpit mit Messgrößen.
Wie navigieren Arbeitgeber die Personalbeschaffung heute?
Da gilt es zwei Fragen zu klären:
A. Welche Recruiting-Kanäle nutzen Arbeitgeber?
B. Werden Recruiting-Erfolge eigentlich gemessen?
Die erste Frage ist mit einem kurzen Blick in den ICR Recruiting Report leicht zu beantworten.
E-Recruiting beherrscht den Kommunikationsmix auf den ersten drei Plätzen, wobei Online-Jobbörsen vor der eigenen Karriereseite und Social Media Business Netzwerken liegen. Warum die Fokussierung nur auf Jobbörsen gefährlich ist, hatte ich kürzlich schon hier erläutert. Der Strauß an Kommunikationskanälen ist also breitgefächert und einige neuere Möglichkeiten wie Google AdWords, Display Marketing, Targeting und Retargeting oder Banner 2.0 sind dort noch gar nicht enthalten.
Jetzt wissen wir, welche Kanäle für die Kommunikation von Stellenanzeigen genutzt werden (könnten). Kommen wir zur zweiten Frage, ob die Messung der Recruiting-Erfolge für die Arbeitgeber eigentlich wichtig ist und ob tatsächlich gemessen wird. Auch hier hilft ein Blick in den ICR Recruiting Report:
Kurz gesagt, wichtig finden die Arbeitgeber die Erfolgsmessung schon! Mehr als 90 % der teilnehmenden Unternehmen halten die Erfolgsmessung im Recruiting und Employer Branding für wichtig (46,4 %) oder sehr wichtig (45,4 %). Aber wird auch tatsächlich gemessen? Kurz gesagt, eher nein! Fast 48 % der am Report teilnehmenden Unternehmen (950+) nutzen keine Key Performance Indikatoren (KPI) in der Erfolgsmessung im Recruiting und Employer Branding.
Warum messen zu wenige Arbeitgeber die Effizienz und Effektivität ihres Recruiting?
Wollen sie etwa nicht wissen, welcher Recruitingkanal erfolgreicher ist im Vergleich mit anderen (die Klickzahlen auf die Stellenanzeige sind da nicht besonders aussagekräftig) oder wie hoch die Kosten für eine Einstellung – die über einen bestimmten Kanal erfolgt ist – sind? Oder können Sie diese Zahlen vielleicht nicht erheben, weil sie keinen Datenzugang haben oder diese Daten Ihnen von ihren Personalmarketingagenturen oder den Bewerbermanagementsystemen nicht geliefert werden können? Ich vermute Letzteres trifft zu.
Was kann man als Arbeitgeber tun, um verlässliche und aussagekräftige Daten für eine Erfolgsmessung zu bekommen?
Recruitingkanäle nur nach den (hoffentlich) bisher gelieferten oder verfügbaren Größen wie Klicks, Views oder Öffnungsraten zu bewerten, ist gefährlich. Dies führt schnell zu völlig falschen Rückschlüssen und Entscheidungen. Verlassen Sie sich bei der Bewerberherkunft nicht auf die Eigenangaben der Bewerber in Ihrem Bewerbermanagementsystem! Die Bewerber tendieren dazu, ihre Karrierewebsite als Herkunftquelle zu präferieren, weil sie glauben, dadurch einen Vorteil beim Wettbewerb mit anderen Kandidaten zu erhalten, da sie sich ja so für das Unternehmen interessieren, dass sie direkt dort nach Jobs geschaut haben. Glauben Sie nicht? Dann schalten Sie mal eine Anzeige nicht auf Ihrer Karriereseite und nur bei Jobbörsen und schauen sich die Ergebnisse der Bewerberherkunft an. Hier sind harte Zahlen, die mit technischer Unterstützung erhoben werden, gefragt. Für den Recruitingerfolg zählen am Ende des Tages sowieso nur die konkreten Bewerbungen und letztlich die Einstellungen. Genau diese Kennzahlen kann man aber oft ohne großen Aufwand gerade bei Online-Kanälen messen – zuverlässig.
Wie ein Blick über den Tellerrand, zum Marketing, speziell zum E-Commerce helfen kann
Wurden Sie beim Kauf auf Amazon.de oder ebay schon mal gefragt, woher Sie vom Produkt oder der Website gehört haben? Genau! Hier wird seit Jahren auch die Performance der Kanäle genauestens und vor allem automatisch gemessen. Im E-Commerce-Bereich wäre es völlig unvorstellbar, dass man die Werbekanäle nur nach Traffic bewertet oder den Selbstangaben der Käufer. Bei jedem Kanal weiß man, wie viele Bestellungen und somit Umsatz er generiert hat. Warum beim Recruiting nicht?
Nachverfolgung von Stellenanzeigen (Tracking) leicht gemacht
Die meisten Arbeitgeber verwenden in ihrem (Online-) Marketing bereits ein Web-Tracking-System wie z.B. Google Analytics. Eine Nachfrage bei den Marketing-Kollegen bringt da Klarheit. Dieses kann man auch für das Recruiting nutzen. Es erlaubt bei Online-Stellenanzeigen einen sogenannten messbaren Link zu verwenden. Wie das im Detail funktioniert wird von Google selber hier beschrieben. Anschließend ist im Auswertungsystem zu sehen, wie viele Besucher über den Link (also über die in einen bestimmten Kanal geschaltete Anzeige) generiert wurden und wie sie sich anschließend auf der Seite bewegt haben bzw. wie hoch die Absprungrate war.
An dieser Stelle hört das Tracking dann meistens auf. Im Marketing hingegen nicht. Dort wird darüber hinaus genau gemessen, ob der Besucher am Ende auch ein vordefiniertes Ziel (z.B. Newsletter-Registrierung, Produktkauf) erreicht hat. Aufs Recruiting übertragen wäre dies die Anlegung eines Profils, das Abonnieren eines Jobagenten oder die Bewerbung auf eine Stelle.
Dies ist technisch dann schon etwas anspruchsvoller.
Wem das jetzt schon zu kompliziert ist, der kann zwei Alternativen ausprobieren:
1. Die Personalmarketingagentur des Vertrauens fragen, ob sie dies (anbieten) kann. Falls nicht, eine Agentur suchen die es leisten kann. Einige wenige gibt es bereits, die meisten sind technisch noch nicht so weit. Falls Sie mal über den Jobbörsenrand hinaus schauen wollen oder sollen, dann fragen Sie die Agentur mal, welche Kanäle sie noch anbieten kann und wie z.B. auch latente Kandidaten erreicht werden können oder wie eine komplette Kampagne für eine Zielgruppe aussehen kann. Natürlich nur, wenn auch harte Zahlen im Reporting geliefert werden, Sie wollen ja Ihr Budget optimieren.
2. Beim Anbieter des genutzten Bewerbermanagementsystems nachfragen, ob sie so ein Modul bereits anbieten. Gute Bewerbermanagementsysteme zeigen Ihnen pro Jobbörse neben der Anzahl an Klicks auch Konversionsrate, sowie die Anzahl der Bewerbungen, die durchschnittliche Qualität der Bewerbungen und die Anzahl der Interciews. Best Practice Unternehmen, die eine Lösung nutzen, die dies kann, haben ihre Recruitingkanäle analysiert und konnten bereits mind. 30 % des Online-Recruiting Budget einsparen oder zusätzlich effizienter einsetzen und sich so einen Wettbewerbsvorteil sichern (und wahrscheinlich ein Lob der oder des Vorgesetzten). Bei weitem nicht alle E-Recruiting Lösungen können das schon. Falls Sie eine (neue) Lösung für Ihr Bewerbermanagement mit einem Reporting suchen, dass von anderen Kunden sehr gelobt wird, hilft ein Blick in den E-Recruiting Software Report.
Fazit
Lassen Sie den Blindflug hinter sich und navigieren Sie ihr Recruiting erfolgreich. Das alte Sprichwort: „Was nicht gemessen wird, kann nicht gemanagt werden“ gilt natürlich auch im Recruiting. Wenn Sie ihr Online-Recruiting Budget effektiver und effizienter einsetzen wollen, dann messen Sie die Erfolge einzelner Recruitingkanäle mit Hilfe von z.B. Google Analytics selber, nutzen Sie ein modernes Bewerbermanagementsystem oder eine Personalmarketingagentur, die das kann.
Wenn Sie wissen, welcher Recruitingkanal mehr Bewerbungen und Einstellungen bringt, dann geben Sie dafür mehr Geld aus und reduzieren Sie die Ausgaben für Kanäle, die wenig oder nichts zu den Einstellungen beitragen. Die Einsparung von 20-30% ist nicht unrealistisch und kann anderweitig intelligent verwendet werden.